Künstler aus der Region

Statussymbole so groß wie Wagenräder

 

Ingrid Bley fertigt Kopfbedeckungen an – Hüte der Jahrhundertwende

Die Kunsthandwerkerin aus Friesoythe ist von Beruf Schneiderin. Den Hüten widmet Ingrid Bley eine besondere Aufmerksamkeit.

 

 Ingrid Bley aus Friesoythe stellt Hüte her, wie sie vor 100 Jahren gerne getragen wurden.  Text/Bild: Heinz-Josef Laing, 12.06.2012

FRIESOYTHE Einst waren es Zarah Leander und Marlene Dietrich, die ihr divenhaftes Auftreten gerne mit großen Hüten auf ihren Köpfen betonten. Diese Hüte waren nicht einfach nur Kopfbedeckungen. Sie waren Statussymbole. Sie waren Kunstwerke. Wertvolle Accessoires. Sie waren also etwas Besonderes. Ingrid Bley (49) weiß um die Bedeutung dieser Hüte, kennt ihren historischen Wert: „In den ersten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts war der Putz auf dem Kopf noch unheimlich wertvoll.“

Zwischen 1900 und 1920 war die große Zeit der großen Hüte, der Wagenräder, wie Ingrid Bley sagt. Die gelernte Schneiderin aus Friesoythe betreibt im Werkhaus Pancratz an der Kirchstraße in Friesoythe seit einigen Monaten ein kleines Schneideratelier. Dort entwirft und fertigt sie Mode für Jedermann. Und dann wären da noch die Hüte. Dieser besonderen Form von Kopfbekleidung widmet Ingrid Bley ihr künstlerisches Schaffen. Sie versteht in diesem Fall die Hutmacherei als Kunsthandwerk. Zu Recht, denn das, was Ingrid Bley nach einer zwei- bis dreiwöchigen Arbeit vorlegt, ist schon ein Hingucker - und lässt sich tragen.

Die Hüte von Ingrid Bley sind denen nachempfunden, die Zarah Leander und Marlene Dietrich einst zur Schau trugen. Die Künstlerin: „ Damals wurden die großen Hüte noch sehr stark verziert. Da fanden beispielsweise Straußenfedern ihren Platz am Hutrand.“ Steifleinen und Seidentaft werden benötigt, um so einen Hut herzustellen. Samt und Vlieseline – eine steife Baumwolle – ergänzen das Materialangebot bei der Hutherstellung. Alles näht Ingrid Bley selber, selbst schmückende Blüten aus Stoff. Erinnerungen an Ascot in der Grafschaft Berkshire werden wach. An den Pferderennplatz in Großbritannien. An Frauen, die dort mit ihren riesengroßen Hüten flanieren. Auch ein Hingucker. Ingrid Bley drapiert den fertigen Hut auf einem künstlichen Kopf. Die Kunsthandwerkerin: „Das ist ein Hut, den man sicherlich nicht jeden Tag trägt.“ Das eine oder andere Exemplar könnte beim Strandspaziergang getragen werden. Wenn denn unser steifer Küstenwind es zulässt.

Auf jeden Fall, weiß Ingrid Bley, zieht so ein Hut die Blicke der Passanten auf sich. Und genau das war es wohl, was für Zarah Leander und Marlene Dietrich Antrieb genug war, sich mit den auffälligen Wagenrädern zu schmücken. Ingrid Bley zieht gerne einen Vergleich zur heutigen Mode und deren Accessoires: „Die Hüte waren zur Jahrhundertwende damals das, was heute die Frauen-Handtaschen sind.“

Ingrid Bley hat sich mit ihrer Hut-Kunst dem Künstlerkreis in Friesoythe angeschlossen. An dessen erster Galerie-Ausstellung im alten Schlachthof Vorwold an der Burgstraße war sie mit einigen besonders ausgefallenen Hut-Modellen beteiligt.